27 September 2007

Gewaltiger Glaube

Courrier international, eurotopics : europa presseschau in 3 sprachen: "27/09/2007 drucken REFLEXIONEN Jean-Pierre Denis über die rebellische Kraft der Religiosität Jean-Pierre Denis denkt über den Einzug der Spiritualität in Politik und Gesellschaft nach. Aktueller Anlass sind die Demonstrationen der Mönche in Burma gegen das Militärregime. 'In unserer Wohlstandsgesellschaft wird der Glaube meist als chaotische und zerstörerische Kraft empfunden. Es ist sicher richtig, dass der islamistische Terrorismus zu dieser Einstellung beigetragen hat, weil er religiöse Energie in eine Waffe zur massiven Einschüchterung verwandelt hat. Die burmesischen Mönche mit ihrer Vitalität und positiven Energie tun uns allen einen Gefallen. Sie wirken nicht zerstörerisch, sondern rücken unsere Vorstellungen von der Welt und der Gemeinschaft der Kulturen gerade. Diese pazifistischen Märsche belegen die rebellische und positive Kraft echter Spiritualität, die die verborgenen Bestrebungen der Gesellschaft aufgreift, ohne für sich selbst Macht zu verlangen. Die Barfuß-Religion kommt ohne Waffen aus, sie bleibt nach dem Ende der Ideologien die einzige Kraft, die ein Volk innerlich packen kann.' La Vie (Frankreich)"



Gewaltiger Glaube: "Gewaltiger Glaube Das Militärregime in Birma setzt nun doch Gewalt gegen die demonstrierenden Mönche ein. Lässt sich dieses Vorgehen in einer buddhistisch geprägten Gesellschaft – in der die Mönche als unantastbar gelten – rechtfertigen? Anzeige Von Moritz Kleine-Brockhoff, Bangkok 28.09.2007 00:00 Uhr
Mr. Wong Der Buddhismus steht im Ruf, eine besonders weiche, friedliche und unaufdringliche Religion zu sein. In seinem Namen wurden bisher keine Religionskriege geführt. Und buddhistische Mönche treten in der Regel nicht als aggressive Prediger auf, sondern tolerieren bewusst andere Glaubensformen. Das gilt gerade auch für Birma. Die Gesellschaft dort ist besonders stark vom Buddhismus geprägt. Zum Beispiel ist es üblich, dass Eltern ihre Söhne als Ausdruck ihrer Religiosität für einige Zeit ins Kloster schicken. Allerdings unterscheidet sich der Buddhismus in einem Punkt kaum von anderen Religionen: Der Glaube wird immer dann auf eine harte Probe gestellt, wenn sich die Hinwendung zur Religion nicht mehr mit staatlichen Loyalitäten vereinbaren lässt. Jahrhundertelang bekriegten sich Birmanen, Siamesen und Khmer in Birma, Thailand und Kambodscha. Buddhisten brachten dabei auch Buddhisten um. "................


.........Einen Tag später wollten Soldaten und Beamte, insgesamt 20 Männer, sich bei den Mönchen entschuldigen. Statt das anzunehmen, nahmen die Mönche die 20 Männer als Geiseln. Und sie steckten die Autos der Beamten in Brand. Die Mönche gingen zum Elektronikgeschäft des Anführers der Zivilkräfte, um in seinem Laden alles kurz und klein zu schlagen. Birmas wenige gewalttätige Mönche sehen es wohl als ihre Pflicht, für die Interessen des von der Junta geknechteten Volkes einzutreten. Es ist ihr Volk. Und aus Sicht der Bevölkerung sind die Geistlichen auch ihre Mönche......................


(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 28.09.2007)